Krankenhausvermeidungspflege

Der behandelnde Arzt verordnet häusliche Krankenpflege als so genannte Krankenhausvermeidungspflege, wenn eine an sich notwendige Krankenhausbehandlung nicht durchgeführt werden kann, oder andersherum die Krankenhausbehandlung durch häusliche Pflegemaßnahmen vermieden beziehungsweise verkürzt werden kann.

Zur Krankenhausvermeidungspflege gehören einfache, ambulant durchzuführende Maßnahmen der Behandlungs-pflege, körperliche Pflege und die hauswirtschaftliche Versorgung.

Leistungsgrundlage ist der § 37 Abs. 1 SGB V:

„Versicherte erhalten in ihrem Haushalt oder ihrer Familie neben der ärztlichen Behandlung häusliche Krankenpflege durch geeignete Pflegekräfte, wenn Krankenhausbehandlung geboten, aber nicht ausführbar ist, oder wenn sie durch die häusliche Krankenpflege vermieden oder verkürzt wird. Die häusliche Krankenpflege umfasst die im Einzelfall erforderliche Grund- und Behandlungspflege sowie hauswirtschaftliche Versorgung. Der Anspruch besteht bis zu vier Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann die Krankenkasse die häusliche Krankenpflege für einen längeren Zeitraum bewilligen, wenn der Medizinische Dienst festgestellt hat, dass dies aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.“

Demnach kann in einem akuten Krankheitsgeschehen im Rahmen der häuslichen Krankenpflege außer der Behandlungspflege auch Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung verordnet werden, wenn:

Krankenhausbehandlung geboten aber nicht ausführbar ist. Dies ist z.B. der Fall, wenn ein Versicherter die Zustimmung zur Krankenhauseinweisung aus nachvollziehbaren Gründen verweigert.

dadurch Krankenhausbehandlung vermieden wird. Dies ist gegeben, wenn durch Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege, in diesem Fall Grundpflege und/oder hauswirtschaftliche Versorgung, eine ambulante ärztliche Behandlung soweit ergänzt wird, dass die ansonsten erforderliche Krankenhausbehandlung ersetzt werden kann.

dadurch Krankenhausbehandlung verkürzt wird. Dies ist gegeben, wenn durch Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege, in diesem Fall Grundpflege und/oder hauswirtschaftliche Versorgung, eine ambulante ärztliche Behandlung soweit ergänzt werden kann, dass sie dem Versicherten die möglichst frühzeitige Rückkehr in seinen häuslichen Bereich erlaubt.

Die Krankenkassen übernehmen hierzu für einen Zeitraum von bis zu 4 Wochen, in Ausnahmefällen, die vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen gutachterlich festgestellt sein müssen, auch länger, die Kosten.

Soweit zu den Vorausetzungen. Leider sieht es in der Praxis dann aber meist ganz anders aus. Mehr dazu auf der nächsten Seite.

 

 

 


Die Patienten werden zwar immer schneller aus dem Krankenhaus entlassen - Stichwort „verkürzte Verweildauer“. Weil viele, insbesondere ältere Patienten sich wegen verschiedener danach noch bestehender Behinderungen oder Einschränkungen, z.B. durch Wunden, Stützverbände oder den vorübergehenden Verlust von Mobilität selbst noch nicht wieder ausreichend pflegen können, verordnet der weiterbehandelnde Arzt zur Überbrückung zeitlich befristet Grundpflege und gegebenfalls auch hauswirtschaftliche Versorgung im Rahmen der Krankenhausvermeidungspflege.

Die Mehrheit der Krankenkassen lehnt jedoch die Kostenübernahme für Hilfen bei der grundpflegerischen- und hauswirtschaftlichen Versorgung trotz immer kürzerer Verweildauern im Krankenhaus rigoros ab.

Im Krankenhaus sind Leistungen der Grundpflege als Ergänzung der ärztlichen Behandlung selbstverständlich. Der in die ambulante Behandlung des Hausarztes entlassene, vorübergehend weiterhin noch pflegebedürftige Patient ist dagegen nicht selten schlagartig auf sich allein gestellt.

Andersherum, auch die zeitlich befristete, ärztlich verordnete grundpflegerische Unterstützung zur Vermeidung eines Krankenhausaufenthaltes, zum Beispiel bei einer vorübergehenden Bettlägerigkeit wegen eines starken Flüssigkeitsverlustes, wie er besonders im Alter häufiger einmal auftreten kann, wird regelmäßig abgelehnt.

Dem Arzt bleibt wegen der unzureichenden ambulanten Versorgung letztendlich dann nur (wieder) die Krankenhauseinweisung.

Untersuchungen des Bundesgesundheitsministeriums haben ergeben, dass während die Krankenhauskosten weiter steigen, die Ausgaben der Krankenkassen für Maßnahmen der Krankenhausvermeidungspflege kontinuierlich zurück gehen. Diese Entwicklung steht ganz im Gegensatz zu den gesundheitspolitischen Zielen der Bundesregierung Deutschland, die klar „ambulant vor stationär“ als einen wichtigen Faktor zur Kostensenkung im Gesundheitswesen erkannt hat.

"Die Krankenhausvermeidungspflege ist quasi nicht mehr existent. Statt durch häusliche Krankenpflege Aufenthalte in Krankenhäusern zu vermeiden oder zu verkürzen - und der ambulanten Versorgung den Vorrang zu gewähren, wie es der Gesetzgeber vorsieht - wird diese Leistung systematisch verhindert", beklagt Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e.V., diesen Missstand im Gesundheitswesen.

Nur wenige gesetzliche Krankenkassen, wie zum Beispiel die BarmerGEK, die Techniker Krankenkasse, die BKK Linde, die Siemens BKK und noch einige private Krankenversicherer bilden hier eine löbliche Ausnahme. Sie bewilligen ärztlich verordnete Hilfen bei der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung als Maßnahme der Krankenhausvermeidungspflege, wenn:

die Maßnahme im Zusammenhang mit einem akuten Krankheitsgeschehen erforderlich wird

der Versicherte ansonsten noch nicht pflegebedürftig im Sinne der Pflegeversicherung ist

die Hilfe voraussichtlich nur vorübergehend erforderlich wird, und sie

eine notwendige ambulante ärztliche Behandlung ergänzt und unterstützt.

Die Leistungen der Krankenkassen für Hilfen bei der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung liegen allerdings weit unter den Leistungen der Pflegeversicherung, so dass  auch trotz  Bewilligung von Krankhausvermeidungspflege unter Umständen noch vom Patienten zugezahlt werden muss.

Sind die Voraussetzungen im Sinne des § 37.1 SGB V gegeben, sollten Ablehnungsbescheide für ärztlich verordnete Krankenhausvermeidungspflege nicht widerspruchslos hingenommen werden. Wir unterstützen unsere Patienten hinsichtlich der Durchsetzung eines möglichen Rechtsanspruches. Wir lassen den Ablehnungsbescheid der Krankenkasse kostenlos von einem Anwalt unseres Berufsverbandes prüfen. Kommt der zu dem Ergebnis, dass ein Widerspruchsverfahren Erfolg versprechend ist, wird er sich für unsere Patienten völlig kostenlos um die Durchsetzung eines Rechtsanspruches bemühen.

Fazit: Es muss im Einzelfall geprüft werden, ob die Kosten für ärztlich verordnete Hilfen bei der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung als Maßnahme der häuslichen Krankenpflege von der jeweiligen Krankenkasse übernommen werden oder nicht. Es ist auch dann fast immer noch von einer privaten Zuzahlung auszugehen.